Mittwoch, 29. April 2009

DIE APOTHEKE



Die Apotheke ist einer der interessantesten Cocktails in meinen Augen. Egal wo man hinkommt, sie schmeckt überall anders. Jeder Barkeeper hat sein eigenes Hausrezept dafür und niemand pocht auf die Korrektheit einer Originalrezeptur. Ich selbst mixe kaum eine Apotheke wie die andere. Zuviele leckere Rezepturen dafür habe ich in den vergangenen zwanzig Jahren davon kennengelernt und zuviele Zutaten finde ich dafür nur allzu passend. Basis für meine Apotheke bilden immer zwei verschiedene Vermouth, einer ist so gut wie immer Carpano Antica Formula, den anderen variiere ich. Meisst fällt die Wahl auf einige Dash Peychaud's Bitters. Ein Teil Branca Mentha ist Pflicht, dazu addiere ich noch ein bis zwei andere Amaros nach Tageslaune. Tröpfchenweise kommen dann noch gerne Unicum, Creme de menthe, Absinth und Portwein hinzu. Gerührt auf viel Eis und in ein vorgekühltes Martiniglas gestraint. Ob mit Pfefferminzblatt, Zeste oder "???" dekoriert wird, entscheide ich spontan.

Wenn jemand im Schumann's eine Apotheke a la carte bestellt, gibt es natürlich eine:

SCHUMANN'S APOTHEKE

2cl Punt e mes
2cl Fernet Branca
1cl Creme de menthe verte

Puristisch und gut.


Eines der ungewöhnlichsten Rezepte habe ich allerdings von Ernst Lechthaler um ca. 1999 notiert:

LECHTHALER'S BITTER APOTHEKE

2cl Condurangorindenwein
2cl Pepsin Wein
2cl Jägermeister
10-15 dash Bitterstern
Pfefferminzblatt zur Dekoration

gerührt auf Eis, in Martiniglas gestraint

Alle Zutaten (ausser Jägermeister) gibt's natürlich wo? Klar, in der Apotheke.

Bitterstern ist ein Kräuterbitter aus 18 Kräutern, dessen Rezeptur vor rund 900 Jahren von Hildegard von Bingen in einem Kloster erfunden wurde. Er hat 59% vol. und besteht aus Engelwurz, Pomeranze, Kalmus, Kardamom, Kümmel, Wermut, Gewürznelkenbaum, Zimt, Koriander, Fenchel, Galgant, gelber Enzian, Lavendel, Majoran, Schafgarbe, Löwenzahn, Zitwer und Ingwer. Bitterstern ist extrem bitter und soll laut Gebrauchsanweisung tröpfchenweise oder verdünnt in Wasser getrunken werden um das tägliche Wohlbefinden zu steigern. Im Vergleich zu Cocktailbitters allerdings etwas teuer mit 17€ für 50ml.

Condurangorindenwein fördert die Speichel- und Magensaftsekretion und hilft bei Appetitlosigkeit. Hergestellt aus Condurangorinde und schwerem Wein wie Madeira, Sherry oder Port.

Pepsinwein hat 16% vol. und wird traditionell angewendet als mild wirkendes Arzneimittel zur Unterstützung der Magenfunktion. Pepsin unterstützt die Eiweissverdauung im Magen. 

Alles zusammen eine Rezeptur, die den Aperitiv wie auch Digestiv zu einer kleinen Medizin (Apotheke) machen. Appetitanregend, Verdauungsfördernd, Steigerung des Wohlbefindens.

Eigenartig, aber clever. So wie sein Erfinder.


2 Kommentare:

Pharmama hat gesagt…

Ah, es gibt Drinks, die "Apotheke" heissen? Das ist ja interessant!
Von der Zusammensetzung her allerdings ... sieht nicht ganz nach meinem Geschmack aus. Vielleicht sollte ich trotzdem mal einen probieren, man soll ja nichts unversucht lassen.

Arnd Henning Heißen hat gesagt…

Von der Wirkung her ist es macht der Begriff Sinn. Wenn ein Gast zu schwer gegessen hat oder Völlegefühl verspürt, wirkt eine Apotheke Wunder weil einfach alles wunderbar "weggebrannt" wird und man danach einen angenehmen frischen Geschmack im Mund verspürt.

Liebe Pharmama, interessante Homepage haben sie da, hab sie mir gleich als Lesezeichen hinzugefügt!