Mittwoch, 22. Oktober 2008

Cheerio = Gin Gin


Ein lustiges Büchlein kann ich hier empfehlen, welches mir vor einigen Tagen in einem Antiquariat entgegensprang. Cheerio = Gin Gin von Jan Herchenröder aus dem Jahre 1953. Der Autor gibt wichtige Tips über den Umgang mit Alkohol und Cocktails auf eine unglaublich lustige Art und Weise. Alleine das Vorwort ist schon ein Highlight:

"Es ist soweit. Honny soit, qui mal y pense. Wenn sie mir jetzt morgens um drei Uhr mit einer müden, unbeschreiblichen Geste beneidenswert lebendige Fliegen von der Glatze scheuchen, schaue ich, vom Whisky verinnerlicht zurück auf ein abwechslungsreiches Leben ... Es ist ja nicht das Schnapstrinken allein - vom Wein wage ich nur wenig zu schreiben, ich verstehe nichts davon, meine Zunge wurde in zehn Ländern, wo es überall harte Schnäpse gab, rauh wie ein Reibeisen - es ist das ganze Drum und Dran. Du kannst dir gar nicht sorgfältig genug die Frau aussuchen, mit der du etwa einen Absinth-Cocktail trinkst, während die andere sich eher eignet für einen Brandy-Flip. Und willst du etwa Ringelnatz zu einem Glass Pfefferminzlikör lesen? Dann müsste ich dich der Stillosigkeit bezichtigen. Oder denkst du vielleicht daran, einen Band alter Ruth Schaumann-Gedichte, den du zufällig in einem Antiquariat aufgetrieben hast, mit Schwarzwälder Kirschwasser zu feiern? Oder eine Flasche Bier zu trinken, während ein Band Rilke neben dir liegt? Doch sicherlich nicht. Also siehst du, dass über diese Dinge nachgedacht werden muss. Und dazu soll dir dieses wichtige Buch verhelfen."

"... Und so lasse dir, lernbegieriger Freund, dazu sagen, dass Sekt, wenn überhaupt, am besten vormittags getrunken wird. Zwei Glas morgens um fünf Uhr getrunken, und dann ein Ritt im Schritt durch den Wald, bei dem man das Pferd laufen lässt, wie es will - dann erhält die Welt einen Glanz, wie es ihn in dieser Intensität vielleicht gar nicht gibt, und dein Inneres wird transparent wie ein chinesischer Vierzeiler. Und wenn du nach deiner Rückkehr, weil dein Magen rebelliert, ein Pfund Beefsteak-tartar zu dir nimmst, mit einem winzigen Stückchen Toast, dann glaubst du Bäume ausreissen zu können."

"... Du bist heute nicht trunken vom Küssen, jedoch du hast Sehnsucht nach Musik und in deinem Blut kreist bereits der Alkohol. Hier gibts nur eins: Platten spielen und weitersaufen. Dazu mische dir einen Bronx..."

"... Wo gibt es heute noch Menschen, die den KC.25 trinken? Man nehme: ein frisch gewaschenes, sportliches Frauenbein, drehe es herum, so dass die Kniekehle eine Krümmung bildet. (Straffe Sehnen erforderlich, weil anders als Trinkgefäss nicht zu verwenden.) Dieses Gefäss wird gefüllt mit einem Schuss Vermouth und Sekt - ohne Eisstückchen - und einer Sauerkirsche. Getrunken wird mit Strohhalm. Witzige Gespräche sind wärend dieser kultischen Handlung tunlichst zu vermeiden, weil anders durch eventuelle Lachsalven das Getränk in Gefahr gerät, verschüttet zu werden. Die Abkürzung heisst übersetzt: Kniekehlen-Cocktail 1925. Denn damals wurde er erfunden..."

"... Verwende möglichst trockenen Champagner, das sei überhaupt für alle Drinks empfohlen, die mit Sekt gemixt werden; so du Geld hast, was ich dir von Herzen wünsche, dann nimm den französischen Krug-Sekt..."

"... während beim Scotch der Kopf klar bleibt bei guten Gesprächen oder bei der Lektüre eines Buches, die Beine jedoch wegschwimmen. Wozu braucht man aber beim Whiskytrinken Beine? Die baumeln über einer Sessellehne ganz zufrieden vor sich hin und beim Schlafengehen wird sich schon eine menschenfreundliche Seele finden, die behilflich ist."

Zwischen den heiteren Zeilen gibt es allerdings auch sehr Wissenswertes zu lesen über Geschichte, Kunst, Klassische Musik und natürlich Cocktailrezepte, die er meisst sehr korrekt zubereitet. Ausserdem ist er ein grosser Bitters-Liebhaber, was sich aus den Texten immer wieder schön heraushebt. Er berichtet über Herrn Meier aus der Ritz Bar in Paris, den er schlichtweg Frank nennt und geht auf die Geschichte einiger Spirituosen ein. 

Das Buch wurde mit dem Munkepunke Preis ausgezeichnet. Den ich nicht näher kenne, allerdings habe ich das Cocktailbuch des Herrn Munke Punke von 1929 in meiner Sammlung. Alfred Richard Meyer alias Munkepunke (1882 - 1956) machte sich als Verleger früh-expressionistischer Lyrik einen Namen. Unter dem Pseudonym Munkepunke eroberte der vielseitige Dichter die musischen Bezirke des Essens und Trinkens. "Immer kalte Ente! Ewig Pfirsich Bowle! Andres sinnt sich Munkepunke seinem Wohle", beginnt im Jahre 1913 seine erste Sammlung "trinksamer Übungen". In den zwanziger Jahren um die Mix-Getränke der Neuen Welt erweitert. 


1 Kommentar:

Christian hat gesagt…

Dachte schon ich bin der einzige der dieses Buch besitzt^^